„Masse“ gegen „Klasse“
Fußballsoziologe Roman Horak: „Für Austrianer gilt es als nicht schick, ins Stadion zu gehen.“
„Bei Rapid ist das Gemeinschaftserleben im Stadion größer, bei der Austria kann es dir als Fan passieren, dass die Mannschaft gut spielt und du bleibst im Stadion trotzdem alleine.“
Mit diesem Satz erklärte der Politologe und Fußballsoziologe Roman Horak gegenüber der APA die unterschiedlich starke Intensität der Fanbindung zu Österreichs neuem Meister Rapid bzw. Herausforderer Austria, die am kommenden Donnerstag im Ernst-Happel-Stadion aufeinander treffen.
Austria-Fans sind „Einzelkämpfer“
Während Rapid die Massen mobilisiert, „ist und war es für viele Austria-Anhänger nicht schick, ins Stadion zu gehen“, so Horak.
„Man ist Austrianer und steht auch dazu – aber das muss aus deren Sicht genügen. Dazu muss man nicht hingehen.“ Der Zugang zu Rapid, so Horak, sei einfacher und bodenständiger, bei den Grün-Weißen komme auch der Nicht-Hardcore-Fan zu seinem Gemeinschaftsgefühl.
Rapid-Fans gehen lieber ins Stadion
Selbst wenn die Austria und nicht Rapid Meister würde, würde sich an der Verteilung für das Derby am Donnerstag nichts Gravierendes zu Gunsten der Austria ändern, glaubt der Fußballsoziologe und Autor zahlreicher Bücher zu diesem Thema.
„Dann würde man ja im Hanappi-Stadion spielen. Dann würden wahrscheinlich 12.000 Rapidler und 5.000 Austrianer kommen“, so Horak.
Für das Match am Donnerstag werden über 40.000 Rapidler bei der Überreichung der Meisterschale im Happel-Stadion erwartet. Insgesamt 48.000 Zuschauer finden Platz.
„Rapid steht für Kampfgeist“
Dabei seien die Fans der beiden Wiener Erzrivalen in ihrer ursprünglichen sozialen Abstammung nicht allzu unterschiedlich gewesen.
Allerdings habe es bald, bereits in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, eine „Zuschreibung“ von Attributen gegeben, die beide Fangruppen und auch die Klubs nicht mehr losgeworden seien.
Horak: „Die Austrianer, egal ob Fans oder Spieler, galten immer als die Eleganteren, die ins Variete gegangen sind und im Kaffeehaus gesessen sind und die auch eleganter gespielt haben. Rapidler gelten seit jeher als bodenständiger und ehrlicher, der Klub steht für Kampfgeist und eine verschworene Mannschaft.“
Erste Mannschaft mit Trikotsponsor
Austrianer hätten auch bald begonnen, sich für etwas Besseres zu halten: „Ich habe vor Jahren einmal mit dem berühmten Vogerl Geyer, in den zwanziger Jahren Spieler bei der Austria, geredet und ihn gefragt, warum er zur Austria gegangen ist. Er hat gesagt: ‚Weil die was Besseres waren‘.“
Und die Austria glaubt und glaubte auch immer, den Erfolg kaufen zu können, wie Austria-Chronist Matthias Marschik (Autor von „Wiener Austria – die ersten 90 Jahre“) betont: „Es ist kein Zufall, dass die Austria 1966 als erster Klub des Landes das Sponsorlogo, ein Seidl der Schwechater Brauerei, aufs Leiberl getan hat.“