So. 2 Nov. 2014
Lokomotiv Moskau – Dinamo Moskau 4:2 (0:1)
Geschrieben von admin unter Fussballreisen
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Blick aus meinem Hotelzimmer am frühen Morgen. Ein schöner Tag um zum Fussball zu gehen.
Schräg gegenüber meines Hotels befinden sich übrigens die Überreste des Dinamo Stadions, welches gerade abgerissen und neu gebaut wird. Ja genau, dort, wo der legendäre Christian Stumpf am 7. März 1996 für Rapid das Goldtor gegen Dinamo Moskau im Viertelfinale des Pokals der Pokalsieger erzielt, und somit den Grundstein für den späteren Finaleinzug gelegt hat.
Eine Stunde vor Spielbeginn gibt es bereits lange Schlangen an den Kassen.
Das Lokomotiv Stadion wurde 2002 neu eröffnet und fasst 30.000 Zuschauer.
Ich habe noch etwas Zeit und sehe mich rund um das Stadionareal etwas um. Selbst der Trainingsplatz ist ein kleines Stadion. So mancher Profiverein in Österreich würde sich da dafür alle 10 Finger abschlecken. Konkret denke ich da an den LASK, Blau Weiss Linz, Kapfenberg, Lustenau, Mattersburg, und natürlich Wiener Neustadt.
Eigentlich bin ich völlig unvoreingenommen in dieses Spiel gegangen. Ich kannte beide Vereine nur von den Duellen gegen Rapid Wien. Zwei Mal wurde Dinamo Moskau aus dem Europacup geworfen, und natürlich ist mir auch noch der Rauswurf von Lokomotiv Moskau zur Championsleaguequalifikation 2005 in frischer Erinnerung. Eigentlich ein Wahnsinn dass das schon wieder fast 10 Jahre her ist. Powidl Pepi damals mit dem Goldtor in der 84. Minute. Unvergessen!
Ja, die russischen Vereine liegen uns sehr. Ich erinnere mich auch gerne an Rubin Kazan. Ist Rapid eigentlich überhaupt einmal gegen einen russischen Klub ausgeschieden?
Brennendes FCLM kurz vor dem Spiel. Lokomotiv Moskau erinnerte mich etwas an Red Bull Salzburg. Keine organisierte Fanszene, und die grossen Erfolge nur in den letzten Jahren erzielt. Dinamo Moskau hingegen mit grosser Tradition und vielen aktiven Anhängern die ihre Mannschaft 90 Minuten lang lautstark unterstützten. Eigentlich bereute ich ab der ersten Minute schon im Lokomotive Fanshop eingekauft zu haben und mir ein Lokomotive Hemd über meinen Körper gezogen zu haben, denn meine Sympathien gehörten da schon einzig und allein Dinamo.
Der Dinamo Anhang erinnerte mich stark an den Rapid Block West. Einzig eine Farbe hätte man ändern müssen. Dann hätte es genau gepasst.
Bei Lokomotive hingegen wie man sieht nur reines Eventpublikum hinter dem Tor. Hin und wieder meldete man sich zu Wort. Könnte aber auch sein dass sie gerade irgendeinen Protest zelebrieren.
Während der 90 Minuten gab es auch einige Verbrüderungsbekundungen beider Kurven. Zum Beispiel die Botschaft „Russland marschiert gemeinsam“, welche abwechselnd von beiden Fangruppen intoniert wurde. Der Grund dafür dürfte in der derzeitig heiklen politischen Lage und den Sanktionen gegen Russland begründet liegen. Die Russen halten bei sowas nämlich gerne zusammen. Ganz unabhängig ihrer politischen Anschauungen.
Doch nun zum Spiel …
Sonntag, am 2. November 2014, 13:30
Lokomotiv Moskau – Dinamo Moskau 4:2 (0:1)
Stadion Lokomotiv, 10.271 Zuschauer
Torfolge:
0:1 (37.) Ionov
0:2 (50.) Dzsudzsák
1:2 (58.) N’Doye
2:2 (60.) Samedov
3:2 (66.) Kasaev
4:2 (85.) Pavlyuchenko
Es war ein flotter Beginn von beiden Seiten. Dinamo in der 1. Halbzeit leicht überlegen, doch auch Lokomotiv kam immer gefährlich vor das Tor. Im Bild: der 29-jährige Senegalese Dame N’Doye (33) in den Diensten von Lokomotiv. Die Solospitze der Moskauer Eisenbahner mühte sich redlich gegen die zwei stämmigen Innenverteidiger der Dinamos, übrigens ebenfalls Schwarzhäutige. N’Doye spielte vorher 3 ganze Saisonen beim FC Kopenhagen wo er in der dänischen Liga regelmässig traf. Bei Lokomotiv ist er schon die dritte Saison. Natürlich trifft er nicht mehr so oft wie in Dänemark, aber er trifft noch …
Christopher Veijeany Samba (4) ist einer der angesprochenen Innenverteidiger. Sehr robust und zweikampfstark. Auch bei Kopfballduellen immer sehr präsent. Er ist 30 Jahre alt und kommt aus dem Kongo. Er begann seine Karriere in Europa 2005 bei der Hertha in Berlin. Später spielte er 6 Saisonen bei den Blackburn Rovers. 2011 wechselte er, vermutlich des Geldes wegen, zu Anzhi. Nur kurz kehrte er nach England zurück, zu den Queens Park Rangers. Doch seit 2013 ist er nur noch in der russischen Liga tätig. Bei Dinamo ist es seine zweite Saison.
Dieser Herr ist Vitaliy Denisov. Ein 27-jähriger Usbeke mit russischen Wurzeln. Er scheint irgendwie so eine Art Star hier bei Lokomotiv zu sein. Woher das kommt weiss ich auch nicht, aber auf der Vidiwall wurden vor dem Spiel ausschliesslich seine Szenen gezeigt. Sein Geburtstag kann es auch nicht gewesen sein. Der war am 23. Februar. Wahrscheinlich hat er so einen Mörderschmäh dass er hier so gehuldigt wird. Gespielt hat er vorher nur bei Dniepopetrovsk. Anfang letztes Jahres ist er gewechselt, und das ablösefrei. Für Usbekistan hält er derzeit bei 42 Länderspielen. Seine Position ist die des linken Aussenverteidigers. Da heisst es natürlich oft … marschieren. Aber an der Seitenlinie.
Einer der wenigen Versuche von Lokomotiv in der ersten Halbzeit die gegnerische Hälfte in Bedrägnis zu bringen. Lokomotiv agierte eher verhalten.
Das ist der Anti-Star von Lokomotiv. Der 30-jährige Mbark Boussoufa aus Marokko. Ich habe zwar keine Ahnung was der verbrochen hat, aber er wurde bei jedem Ballkontakt gnadenlos niedergepfiffen. Vom eigenen Heimpublikum. Seine vorherigen Stationen waren Anderlecht und das unvermeidliche Anzhi. Am Ball ist er ein Ästhet. Seine Spielweise ist sehr brasilianisch. Ich habe ihn am Anfang auch für einen Brasilianer gehalten. Würde mich echt interessieren warum der so unbeliebt ist. Von seiner Leistung her kann es nicht gewesen sein. Er war heute einer der besten und auffälligsten Spieler am Platz.
Hier setzte er sich gegen die zwei Dinamo Spieler Denisov (2) und Kokorin (9) durch. Ja, bei Dinamo spielte auch jemand der Denisov heisst.
Dicke Luft im Dinamo Strafraum. Im Bild die beiden bereits weiter oben erwähnten schwarzhäutigen Innenverteidiger. Den Einen aus dem Kongo habe ich ja bereits vorgestellt. Der Andere hat einen niederländischen Pass und heisst Douglas Franco Texeira. Er war vorher 6 Saisonen bei Twente Enschede unter Vertrag bevor er 2013 zu Dinamo nach Moskau wechselte.
Das 1:0 für Dinamo schliesslich in der 37. Minuten. Ionov bricht durch die gegnerischen Reihen und schiesst alleine vor Torhüter Abaev ein.
Wieder dicke Luft im Dinamo Strafraum. Diesmal weil es Elfmeter gibt.
Doch Dinamo Torwart Gabulov hält den Elfmeter von … drei Mal dürfen Sie raten: Mbark Boussoufa. Er wurde seiner Rolle als Anti-Star wieder einmal gerecht. Für das Heimpublikum wieder einmal ein Grund ihn wüst zu beschimpfen und zu verfluchen.
Mit einem 1:0 für Dinamo geht es in die Pause.
Als Dinamo in der 50. Minute durch den Ungarn Balasz Dzsudzsák zum 2:0 trifft, hätte ich mir nicht mehr gedacht dass Lokomotiv dieses Spiel noch drehen könnte. Doch siehe da, der 1:2 Anschlusstreffer 8 Minuten später verlieh der Heimmannschaft ungeahnte Kräfte und Dinamo wurde plötzlich hinten festgenagelt. Aus der sicheren 2:0 Führung wurde nur 16 Minuten später ein 2:3 Rückstand.
Aus dem 2:0 wurde in nur 16 Minuten ein 2:3. Dinamo Fans machen ihrem Ärger durch Pyrotechnik Luft.
Erst nach dem 2:3 hat man bei Dinamo den Ernst der Lage erkannt, doch ihre Angriffe bringen nichts mehr ein.
Hier klärt der 31-jährige Ukrainer Taras Mykhalyk (17). Er kommt aus dem Eigenbau von Dynamo Kiew, und wechselte im Juli 2013 ablösefrei zu Lokomotiv. 32 Länderspiele absolvierte er bisher für die Ukraine.
Lokomotiv verteidigte diese Führung konzentriert und entschlossen. Für Dinamo gab es kein Durchkommen mehr.
Mit dem 4:2 in der 85. Minute durch den russischen Nationalstürmer Roman Pavlyuchenko war dann der Käse gegessen oder die Messe gelesen … kurz gesagt: die Partie war entschieden.
Die Nummer 22 von Dinamo Moskau. Ein alter Bekannter aus der deutschen Bundesliga und der Nationalmannschaft: Kevin Kuranyi. 52 Mal lief er für die deutsche Nationalmannschaft auf und traf dabei 19 Mal. Wenige Wochen vor diesem Spiel gab er einer deutschen Fussballfachzeitschrift ein Interview, und beschimpfte darin die Anhänger der russischen Fussballvereine. Die Fans von Dinamo Moskau dürften von diesem Interview allerdings nichts mitbekommen haben, den sie feierten „ihren Kevin“ frenetisch mit Sprechchören. In der 81. Minute kam er ins Spiel. Bewirkt hat er aber auch nichts mehr. Für den 32-jährigen in Rio de Janeiro geborenen ist es bereits die 5. Saison bei Dinamo. Bisher erzielte er in der russischen Liga 44 Tore in 108 Spielen.
Sein Gegenspieler sieht der 80er Ikone Jimmy Sommerville übrigens zum Verwechseln ähnlich. 😀 Smalltown Boy: https://www.youtube.com/watch?v=U7-q1WRaKNg
Letzte Chance … vorbei! Lokomotiv Torhüter Ilja Abaev hält den Ball ganz fest. Wenig später wird abgepfiffen. Das Spiel ist aus! Lokomotiv gewinnt 4:2.
In der Tabelle hat Lokomotiv damit wieder etwas Boden gut gemacht. Derzeit liegt Lokomotiv auf Platz 8. Dinamo hat mit dieser Niederlage den Sprung in die obere Tabelle verpasst und liegt punktegleich mit Lokomotiv auf Platz 7. Der überlegene Tabellenführer ist Zenit St. Petersburg, gefolgt von ZSKA Moskau, Kuban Krasnodar und FC Krasnodar.
Nach dem Spiel: wenn der Vater mit dem Sohn …
Anscheinend wollte ihn der Vater mit roten und grünen Lokomotiv Ballons einen Klubwechsel nahelegen. Doch der Junior blieb standhaft und trägt seinen blau-weissen Dinamo Schal weiter mit Stolz. Trotz Niederlage. Der Vater muss seine Ballons vom Rivalen selber tragen. Find ich schön. 🙂
Die vielen Tore machten hungrig. Steak zum Abendessen. Wieviel sowas kostet? Frage nicht! Moskau ist die teuerste Stadt der Welt.