Sa. 19 Apr. 2014
Žalgirietis Vilnius – Lokomotyvas Radviliškis 2:3 (2:2)
Geschrieben von admin unter Fussballreisen
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2. Liga, Litauen
Samstag, 18:00
19. April 2014
Žalgirietis Vilnius – Lokomotyvas Radviliškis 2:3 (2:2)
Vilniaus LFF stadionas, offiziell 150 Zuschauer (100 kommt aber eher hin)
Torfolge:
0:1 (02.) Vaidas Viktoravičius
1:1 (17.) Tomas Misiūnas
2:1 (28.) Artur Skurutovič
2:2 (43.) Tomas Bielickas
2:3 (56.) Giedrius Barevičius
Ein voller Terminkalender und andere persönliche Umstände machten in diesem Jahr leider nur eine Partie in Litauen möglich. Da durfte ich nicht wählerisch sein. Daher wurde es wieder einmal eine Partie aus der 2. Liga. Žalgirietis, das „Farm Team“ von Žalgiris Vilnius spielte gegen Lokomotyvas Radviliškis. Radviliškis ist ein Städtchen von 19.000 Einwohnern nahe Siauliai (Schaulen).
Für beide Mannschaften war es die zweite Partie in der gerade begonnenen Saison. In Litauen spielt man ja das Jahr durch. Der Meister wird also immer in der kälteren Jahreszeit ermittelt. Žalgirietis gewann der erste Spiel zu Hause gegen Utenis Utena. Lokomotyvas Radviliškis verlor zu Hause gegen Šilutė mit 0:1. In der letzten Saison belegte die Heimmannschaft Platz 8 und die heutigen Gäste Platz 7 (von 12 Mannschaften). Typische Mittelständler würde man sagen. In der anschliessenden Relegation hatte allerdings wieder Žalgirietis die Nase vorne. Wie ich auch immer. Vor dem Spiel hätte ich eher auf die Heimmannschaft gesetzt, abgesichert mit einem Unentschieden. Aber ich denke nicht dass ein Wettanbieter diese Partie im Programm gehabt hätte.
Vor dem Spiel genehmigte ich mir noch eine ausgiebige Zwiebelsuppe mit Brotstücken und mit Käse überbacken im gähnend leeren Restaurant des Radissons in der Altstadt. Im Spiel kam sie mir zeitweise wieder hoch. Nicht weil das Spiel so schlecht war, sondern weil sie mir doch etwas schwer im Magen lag.
Der Weg zum Stadion. Raus aus der Altstadt und dem Ostertrubel, durch die Eisenbahnbrücke durch, und dann sind es nur noch wenige Schritte zum litauischen Fussballtempel.
Unmittelbar nach diesem Foto machte ich Bekanntschaft mit dem wohl dümmsten Ordner der mir in meinem bisherigen Fussballeben untergekommen ist. Er meinte es wäre verboten Bilder zu machen. Ich dachte anfangs ich würde falsch hören oder mein bescheidenes Litauisch wäre fehlerhaft, aber er bestätigte es mir noch einmal gerne mit hochrotem Kopf: „NE GALIMA!“ Nicht erlaubt. Ich entschuldigte mich höflichst, knipste aber munter weiter als er mir den Rücken zugewandt hatte. Irgendwie fühlte ich mich in diesem Moment als Outlaw. Anweisungen des Personals nicht befolgen. Sowas könnte doch glatt als Lichtbild-Hooliganismus ausgelegt werden. Aber im ernst. Sowas ist mir echt noch nie passiert. Fotoverbot auf dem Fussballplatz. Sind auf der Tribüne versteckte Raketen stationiert? Man weiss es nicht. Der Ordner hatte übrigens ein Gesicht wie Uwe Seeler. Auch vom Alter her und von der Körperstatur her könnte er locker als Zwillingsbruder vom alten HSV-Bomber durchgehen. Oder war er wirklich „Uns Uwe“, wie er im Hamburg ja liebevoll genannt wird? Sozusagen in geheimer Mission Fussballtouristen aus dem Westen in Litauen mit Fotoverboten den Spass zu verderben?
Da die Tribüne noch relativ leer war, fragte ich einen Stadionmitarbeiter ob heute überhaupt dieses Spiel stattfinden würde. Seine Antwort hätte ich mir als Litauen Experte fast denken können: „Keine Ahnung!“
Nach einiger Zeit füllten sich aber dann doch die Ränge und ich konnte beruhigt der Dinge harren, und mich schon auf mein diesjähriges Ligaspiel in Litauen freuen.
Liebevolle Bemalung der Häuserwände im Umkreis des Fussballtempels.
Die Ränge füllen sich schön langsam. Insgesamt kam ich auf etwa 100 Besucher (grosszügig gezählt). Offiziell wurden aber 150 angegeben. Klingt einfach besser als 100.
Auf der Gegentribüne waren es keine 40 (inklusive Linienrichter und Ballbuben).
Die Gäste legten einen Blitzstart hin und gingen bereits nach 2 Minuten mit 1:0 in Führung. Es war ein Angriff von der linken Seite. Der Ball wurde scharf und flach in die Mitte gespielt, und zack, stand ein gewisser Vaidas Viktoravičius goldrichtig und beförderte das runde Leder in das Eckige mit dem Netzbezug.
Žalgirietis versuchte gepflegten Fussball zu spielen. Lokomotyvas Radviliškis agierte aber um eine Spur bissiger. Hier im Bild Žalgirietis Mittelfeldspieler Edvin Pavlovskij.
Hier am Ball die Nummer 10 der Gäste: Giedrius Barevičius. Ein sehr auffälliger Spieler. Ballsicher, lauffreudig und zweikampfstark. Der 37-jährige spielte bereits zwei Mal für Žalgiris. Von 1998 bis 2002 (94 Spiele – 31 Tore) und 2010 (20 Spiele – 1 Tor). 9 Länderspiele für Litauen. Bei Lokomotyvas Radviliškis dürfte er seine Karriere ausklingen lassen. Aber er kann es noch sehr gut und zeigt auch Einsatz. Für Geld alleine spielt er sicher nicht. Es macht ihm noch Riesenspass Fussball zu spielen. Das sieht man ihm an.
Nach der 1:0 Führung der Gäste lassen sie aber etwas nach. Lokomotyvas Radviliškis lässt sich immer öfter zurückfallen und die kombinationssicheren Gastgeber setzen sich immer stärker vor dem gegnerischen Tor fest. Das wird bald in 2 Toren resultieren.
Zwischen Minute 10 und 40 war von Lokomotyvas Radviliškis im Offensivbereich eher wenig zu sehen.
Žalgirietis immer brandgefährlich vor dem Tor.
Doch auch dieser Angriff wurde abgeblockt. Es blieb vorerst beim 1:0 für die Gäste.
Wohin mit dem Ball? Ein Žalgirietis Spieler scheint mit der Situation überfordert.
Der kampfkräftige Lokomotyvas Radviliškis Kapitän Justinas Gulbinas. Mangelnden Einsatz konnte man ihm nicht attestieren.
Kampf um den Ball am Mittelkreis. Lokomotyvas Radviliškis musste inzwischen den 1:1 Ausgleich hinnehmen.
Tor für Žalgirietis! 2:1 Führung! 11 Minuten nach dem 1:1 bricht Artur Skurutovič durch, und verlädt auch noch den 40-jährigen Lokomotyvas Radviliškis Torhüter Audrius Dilys, der schon einmal von 1998 bis 2003 für Žalgiris Vilnius das Tor gehütet hatte.
Unbarmherzig knallt er den Ball in das Tor. In diesem Moment sah Žalgirietis als der sichere Sieger aus.
Doch kurz vor der Pause drehten die Gäste wieder auf. Hier klärt der Žalgirietis Torhüter gegen Vaidas Viktoravičius noch grandios …
… doch im Nachsetzen …
… musste er sich dann doch geschlagen geben. 2:2 Ausgleich durch Tomas Bielickas. Und das zwei Minuten vor dem Pausenpfiff. Das ist bitter.
Während der Pause machte ich einen kleinen Rundgang. Blick auf die Haupttribüne. Die oberen Ränge blieben leer.
Am anderen Ende der Fussballanlage.
Die Überdachung der Haupttribüne ist leider etwas zu kurz geraten. Vom Dach haben die Zuschauer jedenfalls nicht viel, sollte es einmal regnen. Nur ein Stehplatzrang hinter der letzten Sitzplatzreihe dürfte trocken bleiben. Da fragt man sich natürlich nach dem Sinn einer solchen Überdachung …
Lokomotyvas Radviliškis rechter Mittelfeldspieler Valentinas Lukošaitis in Aktion.
Žalgirietis hatte grosse Schwierigkeiten gegen diese routinierte und bissige Lokomotyvas Elf.
Und wenn Žalgirietis einmal vor gefährlich vor das Tor kam, war der 40-jährige Torwart Gigant Audrius Dilys zur Stelle.
Nach dem 3:2 für Lokomotyvas Radviliškis durch Giedrius Barevičius in der 56. Minute wurde es für die Gastgeber immer enger. Auch in dieser Szene wieder eine Grosschance für Lokomotyvas.
Stürmerfoul von Ignas Šapola (5) gegen Darius Kazubovičius (39).
In den letzten Minuten wirft Žalgirietis noch einmal alles nach vorne. Doch Lokomotyvas steht zu kompakt. Auch bei diesem Freistoss.
Nach 3 Minuten Nachspielzeit schliesslich der Schlusspfiff. Erschöpft geniessen die Lokomotyvas Spieler die Früchte ihres Sieges. Žalgirietis tritt enttäuscht ab. Mit etwas Glück wäre vielleicht ein Remis möglich gewesen, aber die Gäste waren einfach um dieses eine Tor besser und bissiger.
Enttäuscht geht das Heimpublikum nach Hause. Zumindest läuft es mit der Kampfmannschaft in Liga 1 besser: 9 Spiele – 6 Siege – 3 Remis. Tore: 29:5. Platz 1.
2 Tage später wurde ich dann noch Zeuge dieser Jesus Demonstration in der Altstadt von Vilnius: https://www.youtube.com/watch?v=Y3N_Efkhlno